Der Stern an Weihnachten

Der Stern

Der du in der Nacht des Todes,
Christ! erschien ein helles Licht,
Ach, im Palast des Herodes
Sucht’ ich Dich und fand Dich nicht;
Fand nur Glanz und eitles Prangen,
Augenlust und Fleischeslust;
Doch nach Dir blieb mein Verlangen
Ungestillt und leer die Brust.

Weiter zu den Schriftgelehrten
Ging ich, suchend meinen Herrn;
Doch den Klugen und Verkehrten
War verborgen Jakobs Stern.
Zwar sie sprachen gleich den blinden
Von dem aufgegangnen Licht,
Aber unter ihnen finden
Konnt’ ich den Erlöser nicht.

Aus dem Tempel sah ich scheinen
Opferfeu’r und Pracht und Licht,
Ahnen konnt’ ich hier den Einen,
Doch ihn selber fand ich nicht.
Und als ich den Herrn des Lebens
So in dir, Jerusalem,
Hin und her gesucht vergebens,
Zog ich fort nach Bethlehem.

Ging die Straße einsam weiter,
Denn sie war so still und leer,
Keinen Wanderer zum Leiter
Fand ich weit und breit umher.
Aber über meinem Haupte
Fand ich eines Sternes Schein;
Weil ich suchte, weil ich glaubte,
Ward zuletzt der Heiland mein.

Suche nur, so wirst du finden,
Werde nur nicht trüb und matt! -
Lass durch nichts die Sehnsucht binden,
Welche Gott erwecket hat.
Folg’ nur ohne Widerstreiten
Glaubensvoll dem Wort des Herrn;
Licht von oben wird dich leiten,
Licht von oben gibt der Stern.

Karl Johann Friedrich Spitta 1801 – 1859

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